Forschung an der Professur für Klassische Archäologie

Menorahreliefplatte aus der Synagoge in Priene, 2009
Menorah-Reliefplatte aus der Synagoge in Priene, Bild: B. Schödel 2009

Die Entwicklung jüdischer Diasporagemeinden im Spiegel ihrer Architektur und Bilderwelt

Juden und ihre Gemeinden sind in vielen antiken Städten rings um das Mittelmeer Teil der urbanen Gesellschaft. In hellenistischer Zeit sind sie durch verschiedene literarische Referenzen, darunter Josephus und das Neue Testament, in Kleinasien belegt; später kommen Gebäude, Reliefdarstellungen, Inschriften, Graffiti und Kleinfunde hinzu. Diese jüdischen Gemeinden bestanden bis in die Spätantike. Davon zeugen Synagogenbauten und epigraphische Zeugnisse in Laodicea, Korykos in Rough Cilicia, Aphrodisias, Hierapolis, Limyra, Andriake sowie in Ephesos, Philadelphia, Miletos und Smyrna. Manchenorts wie in Priene erinnern nur die archäologischen Spuren an sie; schriftliche oder inschriftliche Überlieferungen gibt es nicht. Archäologische Befunde und Funde liefern Informationen zur unterschiedlichen Präsenz und Aktionsraum jüdischer Diasporagemeinden in antiken Städten und sind vor allem in Hinblick auf die Erforschung der Umbruchsphase in der Spätantike von Bedeutung, wenn viele Bauten aufgegeben und teils auch zerstört werden.

Ausgangspunkt der Studie ist die Synagoge von Priene in Ionien, in der heutigen Türkei. Priene ist vor allem als hellenistische Stadt bekannt, dabei war es auch in römischer und spätantiker Zeit bewohnt, wovon unter anderem römische Bauten wie die große Therme zeugen sowie zwei große Kirchen, mehrere Kapellen und, im Westviertel der Stadt, auch eine Synagoge.

Die Synagoge war bereits bei den ersten umfangreichen Ausgrabungen in Priene von Theodor Wiegand und Hans Schrader Ende des 19. Jh. freigelegt und noch als Hauskirche publiziert worden. 2009 bis 2011 erfolgte eine Nachuntersuchung der Synagoge durch Nadin Burkhardt und Mark Wilson, als Teilprojekt der Stadtgrabung der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a. M., damals unter der Leitung von Wulf Raeck. Dabei wurden erstmals die verschiedenen Bauphasen der Synagoge erfaßt und ein neuer Gebäudeplan in Zusammenarbeit mit dem Architekten Martino La Torre erstellt. Die Synagoge besaß einen gepflasterten Innenraum, verputzte, teils bemalte Wände, eine festinstallierte Bank, reliefierte Schrankenplatten und eine Beleuchtung durch Glaslampen. Auch die Menora-Reliefplatten aus Synagoge und Bischophskirche und die Graffiti in der Synagoge, im Nachbarhaus, auf der Agora an der Nordhalle und in der Bischofskirche wurden aufgenommen.

Über Architektur, Funde und Bilderwelt läßt sich eine jüdische Gemeinde in Priene vom 4. bis ins 6. Jh. fassen; sie war inmitten eines der Wohnviertel der Stadt beheimatet. Ihre Synagoge wurde in ein dafür umgebautes Privathaus integriert und bot im Umfeld für die vielfältigen Belange einer Gemeinde entsprechende Räumlichkeiten. Die Gemeindemitglieder haben die von ihnen genutzten Gebäude und Areale mit einem Zeichen, der Menorah, markiert. Ihre Synagoge war von beachtlicher Größe für eine Kleinstadt und besaß eine repräsentative Ausstattung. Spätestens im 6. Jh. wird die Synagoge zerstört und verfällt; für die Folgezeit fehlen Belege für eine jüdische Gemeinde in Priene.

Die Synagoge und die jüdische Bilderwelt von Priene lassen sich beispielhaft unter verschiedenen Fragestellungen analysieren und über Vergleiche in die jüdische Diasporaforschung einbetten. Im folgenden werden die bisher dazu erschienen Publikationen, Vorträge, Projektberichte und Rekonstruktionen zu verschiedenen Teilaspekten vorgestellt: die Synagoge von Priene, 3-D-Rekonstruktion derselben, jüdische Bilderwelt in Priene, jüdische Graffiti, Diaspora-Synagogen in Kleinasien, Zerstörungsschichten in Diaspora-Synagogen.

Langzeitprojekt: Jun.-Prof. Dr. Nadin Burkhardt, seit 2009

Die Synagoge von Priene

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3 D-Rekonstruktion der Synagoge von Priene

3-D Rekonstruktion der Synagoge in Priene

Nach der erfolgreichen Rekonstruktion der Bauphasen der Synagoge von Priene wurde nach Visualisierungsmöglichkeiten derselben gesucht. Es folgten erst einfache Phasenpläne und 2 D-Skizzen, um die Baugestalt zu rekonstruieren. 2020 startete am Museum für Türkische Juden unter Leitung von Nisya İsman Allovi ein Ausstellungsprojekt, das die 3 D-Visualisierung der antiken Synagogenbauten in Kleinasien zum Ziel hatte. Die Ausstellung "500. Yl Vakf Türk Musevileri Müzesi = Jewish Identity Engraved in Stones : The Quincentennial Foundation Museum of Turkish Jews" wurde 2021 in Istanbul eröffnet. Neben Priene waren hier Sardis, Myra, Limyra und Milet vertreten. In enger Zusammenarbeit erstellte das Team um Çiğdem Öner ein 3 D-Modell der 2 Bauphasen der Synagoge in Priene, eingebettet in die sie umgebende Struktur im Westviertel der Stadt. Besondere Schwierigkeiten bestanden in der Visualsierung der Hanglage, den das gebiet ist von der Weststraße gen Süden an stark abschüssig. Auch die Rekonstruktion des nicht mehr vorhandenen Daches muß hypothetisch bleiben, genauso wie der Türsturz des Haupt- und Nebeneinganges, die Stützenstellung im Hautschiff und der Tabernakelaufbau vor der Nische.

Die Ergebnisse liegen in dem zweisprachig erschienen Ausstellungskatalog vor: N. Burkhardt, The ancient synagogue of Priene, in: Ovadya, Silvyo - Öner, C. (Hrsg.): Taslara Kaznan Yahudi Kimligi : 500. Yl Vakf Türk Musevileri Müzesi = Jewish Identity Engraved in Stones: The Quincentennial Foundation Museum of Turkish Jews (Istanbul 2021) S. 118-123.
ISBN 978-605-06980-3-9

Bilderwelt der jüdischen Gemeinde in Priene

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Jüdische Graffiti in der Diaspora

Menorahgraffito auf einem Antenpfeiler in der Synagoge von Priene
Graffito auf einem Antenpfeiler der Synagoge in Priene, Bild: N. Burkhardt

Graffiti können bisweilen die einzigen Informationsquellen zu Aspekten des Lebens und Glaubens in einer antiken Stadt sein: Würden uns die jüdischen Graffiti von Priene nicht vorliegen, wüssten wir nicht, dass es in dieser ionischen Kleinstadt in der heutigen Türkei rings um die Synagoge eine größere jüdische Gemeinde gab, die aktiv in die Stadtgemeinschaft eingebunden und in Konkurrenz zu den Christen vor Ort stand.

Stadtraum lädt damals wie heute zum Müßiggang ein, und der regt die Kreativität an: Während der Priener an der Agora, am Markt oder am Straßenrand vor den Türen saß, vertrieb er sich die Zeit mit Graffiti, wovon Gladiatoren, Vögel, Buchstaben und sonstiges künden, oder er ritzte sich ein Spielfeld ein, denn ein paar Kiesel oder Fruchtkerne als Spielsteine waren schnell gefunden. Einen anderen Hintergrund haben jedoch die jüdischen und christlichen Graffiti der Stadt.

In der Synagoge im Westviertel der Stadt wurden neben einer Reliefplatte mit Menorahdarstellung auch mehrere Graffiti gefunden. In das Gebäude führten drei hohen Stufen von der Hauptstraße: Hier gelangte man in einen gepflasterten Hof und über diesen in einen dreischiffigen Versammlungsraum. Noch bevor man den Synagogenkomplex betrat, verriet eine kleine, außen in einen Hauswandquader geritzte Menorah dem Eingeweihten die religiöse Zugehörigkeit. Stand man erst auf dem neuen Hof, fiel der Blick auf eine große eingekratzte Menorah nebst Ethrog am Zugang zum Versammlungsraum an der gegenüberliegenden Wand. Mit Rötel oder Kalk rot oder weiß hervorgehoben, war das Graffito gut sichtbar. Unauffälliger war ein unvollendetes Graffito: Auf einer wiederverwendeten hellenistischen Inschriftenstele, die vor der Nische des Hauptschiffs ähnlich einer Stufe lag, findet sich auf der Oberseite ein unfertiges Menorahgraffito, genauer, nur den Fuß des Leuchters. Kleinere Kratzereien zeigt die entlang der Nordwand verlaufende aufgemauerte Bank; auf einem ihrer Sitzsteine haben sich eingeritzte Buchstaben und Kreise erhalten, wohl von hier Verweilenden mit Müßiggang.

Die Synagoge war kein isoliertes Gebäude, auch im östlichen Nachbarhaus verweist ein Graffito auf jüdische Präsenz: Hier war auf die marmorne Türschwelle zur Hauptstraße eine kleine Menorah eingeritzt worden, flankiert von Widderhorn (Shofar) und Lulav. Ein weiteres Menorahgraffito stammt aus dem Zentrum der Stadt, von der Nordseite der Agora, des städtischen Hauptplatzes. Hier war auf eine Treppenstufe vor einem Ladenlokal eine Menorah und ein kleines Shofar eingeritzt worden. Die Stufen der Nordhalle in Priene haben viele Müßiggänger zu Graffiti inspiriert: Vögel, Gladiatoren, Phalloi, Dreizack, Buchstaben, Kreise, Spielfelder und auch Kreuze verzieren die Treppe. Das Menorahgraffito war später erweitert worden: Jemand hatte ein Kreuz und mehrere Buchstaben unklarer Bedeutung hinzugefügt.

Die jüdischen Graffiti aus Priene lassen sich sehr gut mit jenen in Sardis und Aphrodisias vergleichen.

Die Graffiti, ihre Bedeutung und mögliche Vergleiche aus anderen Diasporasynagogen wurden in einem Aufsatz in der Zeitschrift "Antike Welt" 2021 veröffentlicht: N. Burkhardt, Im Lichte der Menora: Jüdische Graffiti im Stadtraum des antiken Priene, In: Antike Welt: Zeitschrift für Archäologie und Kulturgeschichte 52.2, 2021, 23-27. und zuvor in Auswahl in: N. Burkhardt, Die jüdische Gemeinde der antiken Stadt Priene. Bilder, Synagoge, Funde, in: R. Gross, S. Hansen, M. Lenarz (Hrsg.), Im Licht der Menora. Jüdisches Leben in der römischen Provinz, Begleitband zur Ausstellung im Jüdischen Museum in Frankfurt am Main (2014) 231-247.

 

 

 

Diaspora-Synagogen in Kleinasien

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Zerstörungsschichten in Diaspora-Synagogen

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Pithekoussai

2006 begann ein Projekt zur Untersuchung frühgriechischer Siedlungsbefunde in der ersten westgriechischen Ansiedlung, in Pithekoussai.

Seit 2016 gräbt ein internationales Team von Studierenden, Doktoranden, PostDocs und ProfessorInnen, unter Leitung von Jun.-Prof. Dr. Nadin Burkhardt und Prof. Dr. Stephan Faust (Halle), in Lacco Ameno auf der Insel Ischia. Beteiligt waren und sind Archäologen, Bauforscher (TU Braunschweig) und Metallurgen (UC London). Im nächsten Schritt kommen Geographen, Geologen, Archäozoologen und Architekten hinzu.

Mit der Untersuchung im Areal der Villa Arbusto sind nach langer Unterbrechung wieder Ausgrabungen in Lacco Ameno im Gange. Die Siedlung ist archäologisch besonders durch die Freilegung des sog. Handwerkerquartiers in der località Mezzavia durch ein amerikanisch-italienisches Team und durch die Nekropolegrabung von G. Buchner und D. Ridgway bekannt geworden, bei der der sog. Nestorbecher gefunden wurde. Außerdem sind zwei Votivgruben (loc. Pastola, loc. Gossetti) und ein Töpferviertel unter der Kirche Santa Restituta, ergraben durch den Padre Pietro Monti, untersucht worden. Außer den Häusern im Mezzavia-Viertel und solchen aus anderen Inselbereichen wie aus Punta Chiarito sind keine frühen Gebäude erfaßt worden. Die Grabung in der Villa Arbusto hat sich zum Ziel gesetzt, hier zu neuen Ergebnissen zu kommen.

Bisher wurden mehrere Terrassen des 8.-6. Jh. v. Chr. aufgedeckt. Das reiche keramische Fundspektrum reicht von indigener Ware über importierte und lokale geometrisch verzierter Ware bis zu mittelprotokorinthischen und archaischen griechischen Gefäßen. Außerdem gehören Webgewichte, Bronzefragmente, ein Skarabäus, Fragmente von tönernen Louteria und bemalte archaische Dachziegel zum Fundgut.

Rätien in römischer Zeit

Mehrere Projekte beschäftigen sich mit den Spuren der Römer und ihrer Nachbarn im Gebiet der ehemaligen Provinz Rätien.

Aktuell planen die Fächer Klassische Archäologie, Alte Geschichte und Geographie gemeinsam ein Projekt zum Straßennetz Rätiens in römischer Zeit. Dazu gehört die Erfassung und gemeinsame Auswertung bisheriger Straßenbefunde in Alt- und Neugrabungen, die Auswertung von Kartenmaterial und Luftbildern, die Auswertung schriftlicher und inschriftlicher Quellen und das Anfertigen neuer Geländescans ausgewählter Straßenabschnitte mit einer Drohne. Für eine Vernetzung mit anderen Straßenprojekten möchten wir einen Workshop (01/2024) organisieren. Zu den ersten Vorarbeiten gehörten Vorbesprechungen, eine Straßenbegehung zwischen Pfünz und Adelsschlag und die Straßengrabung Wettstetten-Echenzell 2020.

Zu den Vorhaben gehört die Neukonzipierung der archäologische Sammlung in Nassenfels, gemeinsam mit dem Sammlungsbeauftragten Dr. Karl-Heinz Rieder und Prof. Dr. Kerstin Merkel. Hier lag im Umfeld eines Kastells der Vicus Scuttarensium. Die archäologisch-heimatkundliche Sammlung in der Grundschule entstand durch das Engagement des Vereins für Heimatpflege im Schuttergäu, und durch zahlreiche Spenden und Leihgaben der Nassenfelser.  Schwerpunkte der Ausstellung sind die Funde aus dem römischen Kastell und dem römischen Vicus, sowie Funde und Geologie der mittel- und jungpaläolithischen Jagdstation auf dem Speckberg. Erste Vorarbeiten bestanden in der Digitalisierung einzelner Sammlungsstücke für eine Onlinepräsentation (Link) und in einer Einbindung in eine Ausstellung zu den römischen Steindenkmälern im Landkreis Eichstätt in der UB der KU (Link).

2020 untersuchten wir im Rahmen einer Lehrgrabung den Aufbau der römischen Straße bei Wettstetten-Echenzell. Sie verband einst die Limeskastelle bei Pfünz und Kösching. Obwohl das römische Straßennetz für die Provinz Rätien gut erforscht ist, konnte bisher keine Überlandstraße im Befund detailliert untersucht werden. Das Projekt wird von Jun-Prof. Dr. Nadin Burkhardt geleitet und durch die KU Eichstätt-Ingolstadt, das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, den Historischen Verein Ingolstadt e. V. und die Gesellschaft für Archäologie in Bayern e. V. unterstützt. (Grabung 07-08/2020)

Zum anderen untersuchte Dr. Aura Piccioni im Rahmen des zweijährigen PostDoc-Projektes „Römische Großbronzen am rätischen Limes“ die Herstellung und Ikonographie römischer Bronzeskulpturen und anderer Großbronzen, die sich zumeist kleinteilig im Fundmaterial vieler Kastelle und Vicierhalten haben. Das Projekt entstand in Kooperation mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege in München und dem Limesmuseum in Aalen. Es wurde durch die Fritz Thyssen-Stiftung gefördert: 2019-2021.

Lehrgrabung Wettstetten-Echenzell

In schnurgerader Linie durchschneidet eine römische Straße die Felder und Wälder bei Wettstetten-Echenzell - wie im Wappen der Gemeinde ins Bild gesetzt. Sie verband einst die Limeskastelle bei Pfünz und Kösching. Obwohl das römische Straßennetz für die Provinz Rätien gut erforscht ist, konnte bisher keine Überlandstraße im Befund detailliert untersucht werden. Anläßlich des anstehenden Gründungsjubiläums von Wettstetten wird auch die weitzurückreichende Geschichte dieses Landstrichs thematisiert. Gemeinsam mit der Gemeinde Wettstetten, vertreten durch den Bürgermeister Gerd Risch, dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, vertreten durch Dr. Hubert Fehr, dem Historischen Verein Ingolstadt e. V. und Dr. Gerd Riedel vom Stadtmuseum Ingolstadt sowie der Gesellschaft für Archäologie in Bayern e. V. führt die Klassische Archäologie an der KU eine Lehrgrabung zur Untersuchung dieser römischen Straßenabschnitts durch. Die Grabung erfolgt vom 27. 7. bis 15. 8. 2020. Kontakt: Nadin.Burkhardt@ku.de

Konzepte und Konfigurationen des Unendlichen

Buch Unendlichkeit - Transdisziplinäre Annäherungen. Band 1

Blickt man auf die europäische Kulturgeschichte von der Antike bis zur Gegenwart, erscheinen Vorstellungen von Unendlichem und der Unendlichkeit als eine Konstante der Identitätsbildung. Sie setzen so gut wie allen menschlichen Denk- und Tätigkeitsbereichen einen letzten Horizont, versuchen aber auch, sich ein Bild von dem zu machen, was ‚jenseits’ – spekulativ, transzendent, utopisch – ihrer endlichen Wissensformate anzuberaumen wäre. Dennoch wurden sie, nimmt man die Philosophie aus, bisher kaum systematisch zusammengesehen. In diesem interdisziplinären Forschungsprojekt werden ausgewählte diachrone und synchrone Schnitte die Wirkungen freilegen, welche Konzepte und Konfigurationen des Unendlichen innerhalb ihrer unterschiedlichen geschichtlichen Sinnhorizonte und Sichtweisen entfaltet haben.

Teilprojekt Jun.-Prof. Dr. Nadin Burkhardt (seit 2018):
Unendlichkeitsvorstellungen in der frühchristlichen Kirchenarchitektur und Stadtgestaltung

Teilprojekt Prof. em. Dr. Gerhard Zimmer:
Unendlichkeitskonstrukte im frühen Hellenismus

Untersuchung einer römerzeitlichen Bronzegußwerkstatt in Gerasa (Jordanien)

Gerasa, Jordanien, Werkstattbefund

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert seit 1. 8. 2020 ein Grabungsprojekt in der antiken Metropole Gerasa (Jordanien). Untersucht werden wird eine römerzeitliche Werkstatt, die neue Erkenntnisse zur Herstellungstechnik von Bronzestatuen verspricht. Die Grabung ist an der Professur für Klassische Archäologie der KU (Jun.-Prof. Dr. Nadin Burkhardt) angesiedelt und steht unter der Leitung von Prof. Dr. em. Gerhard Zimmer in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Thomas Weber (Deutsch-Jordanische-Universität, Amman) sowie Prof. em. Dr. Jacques Seigne, dem langjährigen Leiter der Mission archéologique francaise de Proche Orient als Berater. Voruntersuchungen haben mit Unterstützung Gerda-Henkel-Stiftung bereits 2017 und 2018 stattgefunden.

Bereits seit 1993 sind einige Befunde aus dem Zeustempel von Gerasa (Jerash, Jordanien) bekannt, die auf die Produktion von Großbronzen hinweisen. Damals wurde im nördlichen Abschnitt der unteren Terrasse des Heiligtums eine mit zerschlagenen Gussmänteln, Bronzeabfällen, Tiegeln und weiterem für den Bronzeguß notwendigen Materialien verfüllte Gussgrube entdeckt. Erst 2012 konnten die Funde restauriert und untersucht werden, zudem brachten Grabungskampagnen der Jahre 2012 und 2014 weitere Gußgruben im selben Bereich zu Tage.

Die Erforschung griechischer Bronzegußtechnik ist seit Jahren ein Schwerpunkt der Professur für Klassische Archäologie an der KU. Im Mittelpunkt standen und stehen dabei die Überreste von Werkstätten, in denen Statuen aus Bronze gegossen wurden, wie z.B. die berühmten Krieger von Riace.

Die Statuen wurden in einem komplizierten Verfahren hergestellt: Sie wurden ganz oder in Teilen aus Wachs geformt, mit Ton ummantelt und in einer Grube ausgebrannt. Danach wurde die Form mit flüssigem Metall gefüllt und nach dem Erkalten der Formmantel zerschlagen, um den Rohguss zu gewinnen. Aus den Arbeitsabfällen läßt sich erkennen, wie von homerischer Zeit bis zu Alexander dem Großen das Verfahren immer weiter entwickelt und den Künstlern damit neue Möglichkeiten der Gestaltung eröffnet wurden.

Obwohl wir auch aus römischer Zeit viele Bronzebildwerke kennen, ist es bisher nicht gelungen, eine Werkstatt dieses hochspezialisierten Handwerks zu finden. Nun haben die französischen Grabungen unter Jacques Seigne im jordanischen Gerasa auf einer Terrasse unterhalb des Jupitertempels eine riesige Werkstatt angegraben. Gruben mit Brandspuren und Bruchstücken von großen Formen sowie Fragmente von Schmelzöfen und Blasebalgdüsen stammen vom Guß einer monumentalen Götterstatue, die für den im zweiten Jahrhundert n. Chr. neu gebauten Tempel gedacht waren. Nach Fundlage der Installationen war die Werkstatt in der großen Halle untergebracht, die bei einem Erdbeben in früharabischer Zeit eingestürzt ist. Ziel der Grabung ist deshalb, die Halle freizulegen, anhand von Arbeitszeugnissen die Werkstattabläufe und die Technologie dieses wichtigen Handwerks römischer Zeit wiederzugewinnen und im Unterschied zu der früheren Technik in Griechenland zu bewerten.  Eine nähere Untersuchung der vorhandenen Gußmantelfragmente sowie einer als Blockbergung ins Museum von Amman verbrachten Gußgrube sollen, gemeinsam mit einer Reihe von Gußexperimenten, zudem weitere Erkenntnisse über den römischen Bronzeguss bringen.

Forschungsprojekte von Prof. em. Dr. Gerhard Zimmer

Seit 2019

Lageplan

Rekonstruktion einer großen Werkstatt für den statuarischen Bronzeguß unterhalb der Südwestecke des Olympieion in Athen. Durchsicht der alten Grabungsdokumentationen im Archiv und geophysikalische Untersuchung in Zusammenarbeit mit Mathias Leopold (Universität Perth, Australien). Förderung durch die Fritz-Thyssen-Stiftung.

Seit 2018

Bearbeitung der Funde aus der Bronzegußwerkstatt in Gerasa (Jordanien). Vorarbeiten zur Entwicklung eines Programms zur digitalen Erfassung und Rekonstruktion von Formmantelfragmenten. In Zusammenarbeit mit Jacques Seigne (Universität Tours), Thomas Weber (GJU) und Stephanie Becht (Augsburg). Förderung durch die Gerda-Henkel-Stiftung.

Seit 2015

Grabung Werkstatt

Untersuchung eines Werkstatt unter der Leophoros Amalias vor dem Parlamentsgebäude in Athen. Grabung: Peggy Michaelidou. Förderung durch die DFG abgeschlossen. Publikation in Bearbeitung.

2002 bis 2015

Foto - Experiment

Das Projekt findet mit Unterstützung der Fritz Thyssen-Stiftung einen Versuchsserie am Gießerei-Institut Aachen statt, die sich zum Ziel gesetzt hat, einzelne Techniken des antiken Brozegusses experimentell nachzustellen und damit bisher schwer zu deutende Befunde zu erklären. Am Beginn stand die Frage, ob Bronze in großen Tiegeln erschmolzen und auch transportiert werden konnten, wie es ein Befund in Olympia nahe legte. Die Rekonstruktion der sog. Ganswürgergruppe aus unterschiedlichen Legierungen sollte die farblichen Wirkungen der Oberfläche prüfen. Unter anderem wurde versucht, durch numerische Rechnung und im Experiment die Bedingungen nachzustellen, unter denen die Teilgüsse einer Statue zusammengestellt werden konnten.

Seit 2000

Grabungsstätte

In Zusammenarbeit mit der 1. Ephorie wurde eine große Bronzegussinstallation am Südhang der Akropolis von Athen untersucht. Der Neufund einer riesigen Gussgrube lässt die Ergebnisse der früheren Grabungen in einem neuen Licht erscheinen. Mit Unterstützung der DFG haben wir die Reste des Formmantels und das Aussehen der dort gegossenen kolossalen Statue rekonstruiert. Zur Zeit wird das Projekt mit einer Publikation der Grabung abgeschlossen (zusammen mit Efgenia Kasapoglou).

Etruskische Spiegel

Etruskischer Spiegel

Bearbeitung der Etruskischen Spiegel der Antikensammlung in Berlin für das Corpus Speculorum Etruscorum. Band 1 ist schienen, Band 2 in Arbeit.

1994 bis 1997

Das Projekt "Nachguß der Bronzestatue des Betenden Knaben" (Berlin) wurde von Prof. em. Dr. Gerhard Zimmer durchgeführt und erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Gießerei-Institut der RWTH in Aachen und wurden von der Volkswagenstiftung finanziert.